Sonntag, 22.April 2018
Alte Schule/Museum 17.00 Uhr
Nathan Quartett
Von Eckhard Lenzing
Do, 26. April 2018
EFRINGEN-KIRCHEN. Das dritte Kammerkonzert dieser Saison in Efringen-Kirchen war in jeder Hinsicht bemerkenswert. Zum einen wegen des Programms, das sicher nicht so oft in Kammerkonzerten zu hören ist. Zum anderen spielte das Nathan Quartett mit Dana Anka, Maurice Mustatea, Roswitha Killian und Hila Karni die Werke in einem persönlichen Ton, der das Publikum sehr berührte.
Das
Nathan Quartett begann mit den "Drei Divertimenti" von Benjamin Britten 1936 komponiert und von Geist und Witz geprägt. Das Zusammenspiel des Quartetts war perfekt. Das 20. Jahrhundert wurde von
technischen Revolutionen dominiert, wie sie nie in früheren Jahrhunderten erfahren wurden. Das blieb von den Komponisten natürlich nicht umkommentiert. Im Mittelpunkt der Kunst steht nicht mehr die
Verklärung, sondern die Klarheit. Damit konfrontiert, fühlt sich die menschliche Seele leider nicht mehr immer wohl.
Am stärksten wurden diese Brüche im zweiten Streichquartett in A-Dur von Dimitri Schostakowitsch hör- und erlebbar, 1944 entstanden. Immer wieder greift Schostakowitsch auf ganz tradierte Stilmittel
zurück, vermeintlich Bekanntes aus früheren Epochen wird aber plötzlich zerbrochen oder karikiert. Das Nathan Quartett schuf mit seinem Spiel unendlich viele Bilder, die den Hörer assoziativ im Saal
der Alten Schule in Efringen-Kirchen beseelten. Das Quartett war in allen Ausdrucksmöglichkeiten ganz dem Notentext verpflichtet und brachte diesen Text auch rüber. Wenn die Technik keine Fragen mehr
aufwirft, kann sich der Musiker den wirklich wichtigen Dingen der Musik widmen. Ganz bemerkenswert war die Klangkultur. Äußerstes Pianissimo, was von allen vier Instrumenten in ihrer doch
unterschiedlichen Struktur so gleichmäßig und perfekt abgestimmt ist, berückt einfach nur. Dagegen öffnet das Forte und Fortissimo alle Möglichkeiten des Aufbegehrens oder des Unglücks, ja es macht
betroffen. In dieser Spannung war das Publikum sehr oft zwischen Momenten des Lichtes und der Dunkelheit.
Das Streichquartett "Aus meinem Leben", 1876 von Bedrich Smetana komponiert, war – so könnte man meinen – ein Sich-Begeben auf bekannteres Terrain. Doch durch die Spannung der ersten Hälfte des
Konzertes waren die Ohren und Augen ganz anders eingestellt. Sein Leben, welches Smetana als Programmidee den einzelnen Sätzen unterlegte, wurde somit ebenfalls höchst existenziell dargestellt, auch
hier zog das Nathan Quartett alle Register seines Könnens. Ob mit freiem und flexiblen Bratschenklang am Beginn des ersten Satzes oder beim Besingen der ersten Liebe durch den feinsinnigen Gesang des
Violoncellos oder auch mit dem genialen Zusammenspiel der Violinen. Ganz betroffen wirkten die Pizzicati im Pianissimo am Ende des letzten Satzes, wo Smetana den Verlust seines Gehörs darstellt.
Welch Aussage mit einem Ersterben der Melodie und des ganzen Werkes ins Nichts.
Wenn technische Qualität sich nicht vordergründig aufdrängt, sondern im Dienste des Ausdruckes steht, dann kann man von einer Sternstunde für den Hörer sprechen, welche die Zuhörer mit vielen neuen Erfahrungen in den sommerlichen Abend entließ.