Alte Schule – Museum
Joseph Haydn: Streichquartett op.33,3 „Vogelquartett“
Fritz Kreisler: Streichquartett in a-Moll
Maurice Ravel: Streichquartett in F-Dur
Badische Zeitung, 27.Oktober 2015
Fritz Kreisler (1875 bis 1962): Der gebürtige Wiener war der Letzte in der Reihe
komponierender Geigenvirtuosen, doch sein Ruhm als Komponist verblasste rasch, sieht man
von seinen "Alt-Wiener-Tanzweisen" ab, die sich immer noch ungebrochener großer Beliebtheit erfreuen. An ihn, den Vergessenen, erinnerten die Damen des Basler
Streichquartetts: Susanne Mathé und Isabelle Ladewig, Violinen, Stella Mahrenholz, Viola und Stéphanie Meyer Violoncello am Sonntag im Kammerkonzert Efringen-Kirchen, denn sie eröffneten den Abend mit dem Streichquartett a-Moll, Kreislers einziger Komposition dieser Art.
Da drängte sich dann gleich die Frage auf: Ist er zu Recht vergessen? Schwer zu sagen. Jein.
Sicher, von dem später gespielten Ravelschen Streichquartett F-Dur ist seines weit entfernt.
Das ist Musik, von der er nur träumen konnte, dennoch überraschte sein Bemühen, in kühner, zuweilen herber Harmonik und eruptiver Dramatik das Sentimental Kantable, das er wie kein Zweiter beschwören konnte, zu bändigen. Das gelang ihm erstaunlich sicher –
schließlich war in seiner Jugend Anton Bruckner sein Theorielehrer – und so wird seine Musik zu Wechselbädern verschiedenster Stimmungen, die er zwar verkettet, aber lose und unterhaltsam ordnet. Und da die Baslerinnen für jede Stimmung die ihnen angemessene Tonbildung praktizierten, wurde ihre Interpretation zur dezenten Verbeugung vor demKomponisten.
Danach ein anderes kompositorisches Kaliber: Haydns op.33/3, 1781 "auf eine gantz neu Besondere Art ... geschrieben", wie der Komponist etlichen Musikfreunden werbend mitteilte.
Vergisst man, dass die Cellistin im Eingangssatz zuweilen etwas aufdringlich war, erklang ein Haydn, der alles verriet, was in seiner Musik verborgen ist: Subtile dynamische Wachheit, schöne heitere wie ernste Leichtigkeit, homogene Klangfülle im Adagio und explodierende
Emphase im Rondo. Ein Haydn, der zum ungetrübten H.rerglück wurde.
Doch das Beste kam zuletzt: Eine fulminante Interpretation von Ravels F-Dur Streichquartett, 1902/03 komponiert.
Wie die vier Baslerinnen die vier Sätze analysierten, das wurde zum Quartettspiel in seiner schönsten und beglückendsten Form. In puncto Dynamik, Tonbildung und Ausdruck homogen
in jedem Augenblick, das heißt einig im Verständnis des Textes, gelang den vier Damen ein zwangloses Ineinander von extrovertierter Rationalität und introvertierter Rückbesinnung.
Das hieß konkret: zum einen beherzt entschlossenes Forte- bis Fortissimospiel mit zum Beispiel markanten Pizzicati als genau gesetzten Schlägen, und zum andern leise, körperlose Tremoli und hauchig davon schwebende Klänge con sordino. Und alles in Hochspannung vom
ersten bis zum letzten Takt. Fantastisch gespielt! Intensiver Schlussbeifall und der 2. Satz aus Frank Bridge’s "Three Idylls" als beruhigende Zugabe.
Autor: Nikolaus Cybinski