Künstler: Trio d`anches Köln
Rezension der Badischen Zeitung
27. Mai 2014
Heitere Gegengewichte
Trio d’Anches spielte in Efringen-Kirchen.
Mit dem französischen Wort "anches" wird neben der Zunge auch das Rohrblatt bezeichnet,
mit dessen Hilfe Blasinstrumente die richtigen Schwingungen erzeugen. Insofern kann man
den Namen Trio d’anches", das in der Kammermusikreihe in Efringen-Kirchen auftrat, mit
einer gewissen Berechtigung durchaus als "Rohrblatt-Trio" übersetzen. In der Besetzung mit
dem Oboisten Georg Bongartz, der das Trio 1989 gründete, mit dem er vier Jahre später den
Deutschen Hochschulwettbewerb gewann, der Klarinettistin Marlies Klumpenaar, die schon
als Jungstudentin am Konservatorium von Amsterdam aufgenommen wurde, und dem
Fagottisten Martin Kevenhörster, der stellvertretender Solofagottist der Düsseldorfer
Symphoniker ist, hatten die Veranstalter drei exzellente Musiker verpflichtet, deren eigene
große Spielfreude jederzeit spürbar wurde und sich bruchlos auf das trotz großer Konkurrenz
reichlich erschienene Publikum übertrug.
Mit Mozarts Divertimento Nr. 3 – im Original für drei Bassetthörner geschrieben – begann
das abwechslungsreiche Programm, und schon hier zeigten sich die großen Stärken der
Musiker: Das Ensemble ist außerordentlich ausgewogen, dazu bestens aufeinander
eingespielt, so dass man sich geradezu blind versteht. Die unterschiedlichen Anblasarten wie
vorwitziges Staccato oder breit angelegtes Legato werden souverän eingebaut, so dass alles
sehr natürlich, ja geradezu zwingend, immer aber wunderbar leicht wirkt. Das breite
dynamische Spektrum, das dabei ausgespielt wird, ist beeindruckend, auch ausgedehnte
solistische Passagen der Musiker werden unauffällig, aber sehr natürlich eingebaut.
Bearbeitung konzentriert sich auf das Wesentliche
Auch das Trio in Es-Dur von Beethoven ist kein Originalwerk, wurde es doch von Mordechai
Rechtman nach dem Sextett op. 71 (für jeweils zwei Oboen, Klarinetten und Fagotte)
gestaltet. In dieser Bearbeitung, in der alles auf das Wesentliche konzentriert ist, war das
Werk indes ein echter Beethoven, teilweise extrem virtuos, teilweise mit elegischen
Kantilenen. Auch hierbei gaben die Musiker die musikalischen Motive unauffällig und
natürlich weiter, die Mitglieder des Trios ergänzten sich geradezu ideal. Sehr einheitlich
gelang die Interpretation, auch das Tempo wurde organisch variiert. Die unterschiedlichen
Charaktere der Sätze – dann elegisch-verträumt, dann zupackend-heiter – wurden bestens
getroffen.
Die weiteren Werke waren Originalwerke für diese Triobesetzung, die zu Beginn des 20.
Jahrhunderts auch durch die Fortentwicklung der Instrumente für die Komponisten
zunehmend von Interesse wurde, die oft einfach ein heiteres Gegengewicht zur schweren
deutschen romantischen Musik schaffen wollten. Bei der "Suite pour Trio d’anches" von
Alexandre Tansman, dem Divertissement von Jean Françaix und dem Trio des brasilianischen
Komponisten Heitor Villa-Lobos herrschte so eine völlig andere, mehr oder weniger
ungewohnte Harmonik. Immer wieder wurde das Publikum durch musikalische Wendungen
überrascht. Am Schluss großer, begeisterter Applaus und "obwohl wir nicht mehr können"
(Bongartz) doch noch eine Wiederholung als Zugabe.
Autor: gmf