Datum: | Sonntag, 06.07.2014 | ||
Uhrzeit: |
17 Uhr |
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Ort:
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Künstler: | Die Glöckner | ||
08. Juli 2014
Alles wird Klang
Die Glöckner ließen sich im Granit-Marmorwerk Stächelin in Efringen Kirchen von
der Umgebung inspirieren.
Das Rolltor öffnet sich und die Zuhörer strömen in die Werkhalle. Ein Klopfen, Pochen,
Rauschen erfüllt den Raum, der geräuschhafte Klang von Geräten, Werkzeug und Maschinen
mischt sich mit schwingenden Glockenklängen. So außergewöhnlich wie der Konzertort war
das ganze Klangerlebnis bei diesem Sonderkonzert Glöckner im Granit-Marmorwerk
Stächelin im Gewerbegebiet in Efringen-Kirchen.
Für einmal haben die Veranstalter der Kammerkonzerte die gängigen Konzerträume
verlassen und ihrem Publikum in ungewohnter Umgebung eine neuartige und spannende
Klangerfahrung ermöglicht. Die Glöckner um den Müllheimer Perkussionisten Tilo Wachter
ließen sich in den Arbeitshallen des Marmorwerks von der Umgebung inspirieren und schufen
eine speziell auf den Raum bezogene Klanginszenierung von faszinierender Wirkungskraft.
Das fing schon an, als Tilo Wachter, Joscha Baltes und Hennes Vollmer in der ersten Halle mit
und aus den vorgefundenen Gerätschaften, zwischen Steinblöcken, Sägeblättern und
Maschinen Klänge erzeugen. Der "Sound" der Arbeit, die Geräusche, das Schlagen,
Die Glöckner Tilo Wachter, Joscha Baltes und Hennes Vollmer bei ihrer Klangperformance
in Efringen-Kirchen Foto: Roswitha Frey
Hämmern werden fließend in den Rhythmus der Choreografie aufgenommen und musikalisch
weiterverarbeitet.
Dann geht es in die nächste Werkhalle, wo die "Glöckner" mit chromatisch gestimmten
Handglocken und mit Gongs ungeahnte Klangwelten und überraschende Klangstimmungen
schaffen. Die ganze Halle wird bespielt, Wasserrauschen, Wischen, Schaben, Reiben mit
Arbeitsgeräten beziehen die drei Musiker in ihre Performance mit ein. Alles wird Klang. Vor
allem aber sind die selbst komponierten Gesangsstücke mit Glocken und die reinen
Glockenstücke von archaischer Kraft und beschwörender Magie.
Wenn das Trio die Handbells mit kreisenden Armbewegungen zum Klingen und Schwingen
bringt, dann weckt das im Zuhörer mannigfaltige Klangbilder und Assoziationen. Man denkt
an das Sturmgeläut, das eindringliche Warngeläut, das kraftvolle Läuten und Rufen, mit dem
man einst über Berge und Täler hinweg kommunizierte. Man denkt auch an sakrales
Kirchengeläut, an urtümliche mythische Glockenklang-Rituale, wenn die Glöckner archaische
Gesänge anstimmen in einer lautmalerischen Sprache.
Wachter und seine Kollegen setzen die Instrumente ganz anders ein als man es von
Handbell-Ensembles kennt, die meist klassische Stücke auf Handglocken interpretieren. Bei
den Glöcknern kommt immer viel Experimentelles, Humorvolles und Originelles ins Spiel, ja
ihre Glockenstücke und Läutebewegungen erinnern nicht selten an Alltagssituationen. Da
nehmen sie ganze Bündel von Glocken zur Hand und führen damit originelle Klangstücke auf,
oder sie spielen "Hühnerstall" mit kleinen Handglocken.
Witzig auch die "Sport-Sequenz", in der die Musiker mit den Glocken Wurfbewegungen
machen, als würden sie sich Bälle zuwerfen. So spielerisch manches wirkt, ist doch alles an
dieser einfallsreichen Klangchoreografie perfekt ausgeklügelt, von den Raumklangeffekten
bis zu den Lichtinszenierungen. Es gibt auch Momente von meditativer Wirkung, mit
Naturgeräuschen von Wasser und Wind, dem Meeresrauschen der Oceandrum, dem
schwebenden Surren des Schwirrholzes. Wenn Wachter den chinesischen Gong anschlägt,
zuerst in sanft streichenden Bewegungen, dann mächtig aufbrandend, hat dies etwas von
einer rituellen Handlung. Mal archaisch, dann wieder geheimnisvoll: Die Inszenierung fand
stürmischen Beifall.
Autor: Roswitha Frey